Autohaus-Krauss-Gelände: Ergebnisse des Ideenwettbewerbs zu einer künftigen Nutzung

Am Dienstag, 22.11.16, wurden vom Bauherren KIB-Gruppe die Ergebnisse eines Ideenwettbewerbs zur künftigen Nutzung des 28.000 qm großen ehemaligen Autohaus-Krauss-Geländes (Regensburger Straße, Hain-, Scharrerstraße, mit denkmalsgeschützten Gebäuden) vorgestellt (siehe NN v. 23.11.16, S. 13). Die Ergebnisse können bis einschließlich Samstag, 26.11.16 (jeweils 15 – 18 Uhr), in Nürnberg, Scharrerstraße 5 (Verwaltungsgebäude der KIB-Gruppe), eingesehen werden.

Öffentliche Führungen durch das geplante Neubaugebiet Regensburger Straße

Regensburger Straße: ein neuer Stadtteil mit ca. 2.700 Einwohnern entsteht

Öffentliche Führungen über das Gelände am 10. und 11. Dezember 2016, jeweils um 14 Uhr.

Treffpunkt: Hans-Kalb-Straße, Ecke Regenburger Straße.

Dauer bis zu zwei Stunden.

Neubebauung schon im ersten von drei Baubereichen auf gleichgroßem Gelände wie Pastorius-Siedlung für doppelt soviel Bewohner wie dort vorgesehen. – Privatisierung und Umwidmung der Gebäude des August-Meier-Heims (AMH) – Bau eines neuen AMH – weitere umfangreiche Neubauten östlich vom AMH – Gewerbegebiet – neues IKEA: Es tut sich eine Menge auf diesem Streifen längs der Regensburger Straße. Wir sehen durchaus die Potentiale, wir sehen aber auch noch viele ungelöste Fragen.

Wir fordern v. a.: Gesamtkonzept für die drei Bebauungsplangebiete – deutlich weniger dichte Bebauung – Sicherung bzw. Wiederherstellung des Grünstreifens (grüne Stadteinfahrt) – Baumschutz – Berücksichtigung des Denkmalschutzes und des historischen Hintergrundes des Geländes!

Machen Sie sich selbst vor Ort ein Bild von den Planungen und Entwicklungen längs der Regensburger Straße. Wir laden alle Interessierten herzlich dazu ein, mit uns das Gebiet zu besichtigen.

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Wir freuen uns über Ihr Interesse!

Eine Initiative von:

  • Stadtbild-Initiative Nürnberg
  • Vorstadtverein Zabo e.V.
  • BUND Naturschutz Nürnberg
  • Bündnis 90 / Die Grünen – OV Zabo/Mögeldorf/Gleißhammer

Unsere Forderungen zum Neubaugebiet Regensburger Straße

An der Regensburger Straße – von der Hans-Kalb-Straße bis einschließlich neuem IKEA-Gelände – entsteht ein neuer Stadtteil mit ca. 2.700 Einwohnern. Heute trafen sich Vertreter der Stadtbild-Initiative Nürnberg, des BUND Naturschutz Nürnberg, des Vorstadtvereines Zabo e. V. und des Ortsvereines Zabo von Bündnis 90/Die Grünen mit Pressevertretern, um ihre Überlegungen, Hinweise und Anregungen zu den Planungen längs der Regensburger Straße darzulegen. Im Zentrum unserer Forderungen an Stadt, Planer und Bauherren stehen: ein tragfähiges Gesamtkonzept für das gesamte Areal, Gestaltung einer angemessenen Bebauungsdichte, Klärung der Schulfrage und Schulwegplanung, Sicherung und Wiederherstellung des Wald-/Grünstreifens an der Regensburger Straße, Baumschutz – auch innerhalb der Bebauung, die Beachtung des Denkmalschutzes bei einer Privatisierung und Umnutzung des August-Meier-Heimes und die Berücksichtigung des geschichtlichen Hintergrundes des Geländes (z. B. durch die Errichtung der Jugendbegegnungsstätte für das Doku-Zentrum in den denkmalgeschützten Gebäuden). Lesen Sie hier unsere Handreichung für die Presse im Wortlaut:

Handreichung zum Neubaugebiet Regensburger Straße (PDF-Datei; 2,7 MB)

Außerdem berichteten die Nürnberger Nachrichten in ihrer Ausgabe vom 21. November 2016 über die Geländebegehung und unsere Forderungen.

Bauernhof Großreuther Straße 77 unter Denkmalschutz

Im Oktober letzten Jahres hatte die Nachricht über den drohenden Abbruch des Bauernhauses Großreuther Str. 77 im Stadtnorden erhebliches Aufsehen erregt. Das mächtige Wohnstallhaus vom Typ des fränkischen „Breithauses“ mit tief herabgezogenem, dreigeschossigem Satteldach war vielen Spaziergängern und Radlern ein Begriff, weil es dem von der Rollnerstraße Kommenden so eindrucksvoll ins Auge fiel und das Entree zum Stadtteil Großreuth hinter der Veste betonte. Das mächtige, ursprünglich aus dem frühen 18. Jahrhundert stammende Wohnstallhaus wurde im Zweiten Weltkrieg bis auf die Außenmauern zerstört, aber schon 1946 durch den Architekten Hanns Sebald in der alten Form wieder aufgebaut. Die rückwärtige Scheune stammt ebenfalls aus der Nachkriegszeit; das Nebengebäude wurde zur Garage umgebaut, trägt aber am Giebel eine Kartusche mit der Jahreszahl 1851.

Nach einer Überprüfung der Hofanlage durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege wurde das Wohnstallhaus mit dem Nebengebäude und der Einfriedungsmauer als Einzeldenkmal (Nr. D-5-64-000-4795) in die Bayerische Denkmalliste eingetragen. Dabei war vor allem die geschichtliche Bedeutung der Hofanlage entscheidend: Der Hof wurde vermutlich 1719 durch die in diesem Jahr nach Großreuth zugezogene Familie Schaller errichtet, die einer Auflistung aus dem Jahr 1929 zu den zehn am längsten im Dorf ansässigen Familien gehörte. Dem Hof wurde im Dezember 1945 bescheinigt, dass er als einer der größten Gemüsebaubetriebe im Knoblauchsland für die Versorgung des Nürnberger Stadtgebietes von außerordentlicher Wichtigkeit war.

Außerdem war die architekturhistorische Bedeutung des Hofs ein gewichtiges Argument für seine Bewertung als Einzeldenkmal. Als eingeschossiges Wohnstallhaus mit dreizoniger Binnengliederung und mächtigem Satteldach ist es ein ungewöhnlich anschauliches Beispiel für das frühneuzeitliche „Breithaus“, das besonders in großen Gehöften anzutreffen ist. Auch der Wiederaufbau von 1946 ist bemerkenswert durch sein Festhalten an der überkommenen, offensichtlich weiterhin als funktional empfundenen Raumteilung des 18. Jahrhunderts im Erdgeschoss und aufgrund der bewussten Wiederherstellung des barocken äußeren Erscheinungsbildes durch die Aufrichtung des neuen Dachstuhl in historisierender Form. Dadurch zeigt das Gebäude in ungewöhnlich deutlicher Weise das Fortleben ländlicher Bautradition über das Ende des Zweiten Weltkrieges hinaus. „Das Wohnstallhaus ist in seinem weitgehend authentischen Erhaltungszustand von um 1946 sehr selten gewordenes bauliches Beispiel für das bayernweit zu beobachtende Phänomen, dass der Einbruch der Moderne auf dem Land erst in den 1960er Jahren einsetzte. Die im ausgebauten Dachgeschoss überlieferte Ausstattung von 1946 in Form von schlicht kassettierten Zimmertüren und schmalen Dielenholzböden dokumentiert darüber hinaus die allgemeine Mangellage der unmittelbaren Nachkriegsjahre.“

Zudem hat die Hofanlage eine eminent wichtige städtebauliche Bedeutung: Sie bildet zusammen mit der gegenüberliegenden, 1745 errichteten Hofanlage Großreuther Straße 84 das Eingangstor zu der den Ortsteil bestimmenden Großreuther Hauptstraße. Die bis heute unveränderte Dorfeingangssituation wurde auch im Jahre 1946 als Hauptargument für den Wiederaufbau des Hofes „ als ein Eckpfeiler … zur Erhaltung des Landschaftsbildes“ ins Feld geführt.

Gerettet: Bauernhaus Schnepfenreuther Hauptstraße 65

Gerne teilen wir mit Ihnen die Freude über eine großartige, eine sehr positive Überraschung: das Bauernhaus in der Schnepfenreuther Hauptstraße 65 hat sein Gesicht wieder, und welches! Sehen Sie selber das Ergebnis auf den beigefügten aktuellen Fotos (© Boris Leuthold, 2016):


Vor gut zwei Jahren hatten wir feststellen müssen:  588 Jahre Hausgeschichte unter 15 Zentimetern Außendämmung – Die Sandsteinfassade des Bauernhauses Schnepfenreuther Hauptstraße 65 erstickt unter Polystyrol. Das Bauernhaus Schnepfenreuther Hauptstraße 65 bot damals ein trauriges Bild. Die mit Gesimsen und dekorativen Schnecken versehene Sandsteinfassade des unter Denkmalschutz stehenden Anwesens hatte die Eigentümerin mit einer Außendämmung aus aschgrauen Polystyrolplatten versehen lassen; hier noch einmal Bilder vom damaligen Zustand (© Boris Leuthold, 2014):

Und die NN schrieb: „Baudenkmal verliert sein Gesicht – Ein historisches Bauernhaus von 1803 wurde mit dicken Styroporplatten gedämmt. Ein über 200 Jahre altes Bauernhaus in Schnepfenreuth ist kaputtsaniert worden. Jetzt hat der Denkmalschutz die Bauarbeiten gestoppt.“ (NN v. 4.3.2014)

Sie erinnern sich: Die Dämmarbeiten wurden nach unserer Intervention, nach den öffentlichen Berichten und aufgrund des Eingreifens der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Nürnberg gestoppt. Die Dämmung wurde wieder entfernt. Unklar war damals, wie es weitergeht, ob eine Dämmruine auf Dauer bleiben würde. Heute dürfen wir mit Freude feststellen, dass sich die Eigentümerin dann doch dazu entschlossen hat, das Anwesen denkmalgerecht zu restaurieren. Sie hat so sich selbst und ihrem Heimatdorf ein Stück gebaute Identität bewahrt.

Betrachtet man das Ergebnis der Hausrenovierung im Detail, so erkennt man, dass die Eigentümerin fachlich gut beraten wurde, und dass sie Könner als ausführende Handwerker beauftragt hat: Die Sandsteinfassade leuchtet; die Gesimse, die dekorativen Schnecken und die Fassadenbänder sind wieder hergerichtet; die historischen Jahreszahlen sind gut lesbar; der Schlussstein thront oben wieder über dem Ganzen; Fensterläden, geteilte Fenster und ein schlichter Fassadenputz an der Straßenfront und am Nebenhaus runden den Eindruck ab. Gratulation!

„Verbietet das Bauen“ – Diskussionsveranstaltung mit Daniel Fuhrhop

Für die, denen das Stadtbild am Herzen liegt, haben wir eine ganz besondere Veranstaltung: Morgen, am Dienstag, den 7. Juni 2016, 19 Uhr, lädt BauLust e. V. den Autor Daniel Fuhrhop zur Diskussion ins Künstlerhaus (Königstraße 93, 1. Stock). Näheres zur öffentlichen Diskussionsveranstaltung und Fuhrhops aufesehenerregender These „Verbietet das Bauen“ erfahren Sie in der beigefügten Einladung:

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In der Rieppelstraße verschwindet Baukunst unter Dämmplatten

In der Siedlung an der Rieppelstraße am Hasenbuck greift der Dämmwahn um sich: Die in den 1920er Jahren erbauten Mietshäuser werden Zug um Zug mit einer Dämmung versehen, die zu allem Überfluss auch noch in schreienden Farben gestrichen werden. Die reizvollen Details der Fassaden wie die Betonung der Hausecken durch rote Klinkersteine und Gesimse wurden bereits zum Teil abgeschlagen. Die Kellerzonen aus Klinker hat man schon mit billig wirkenden Fliesen verkleidet, eine Art der Verunstaltung, die man spätestens seit den 1980er Jahren ausgestorben glaubte.

Die Stadtbild-Initiative Nürnberg hat bereits versucht, mit der Wohnungsgenossenschaft Nürnberg Süd-Ost darüber ins Gespräch zu kommen – bislang ohne Erfolg. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, eine Mitteilung an die Presse zu senden, einmal eine Auge auf diese architektonisch, städtebaulich und auch energetisch fragwürdige Maßnahme zu werfen. Anbei lesen Sie unsere Mitteilung an die Lokalpresse:


 

Aus Häusern mit Charakterfassaden werden charakterlose Allerweltsbauten

Die Wohnungsgenossenschaft Nürnberg Süd-Ost lässt seit einigen Wochen die Fassaden und Fenster ihrer Häuser in der Rieppelstraße renovieren (teilweise auch wärmedämmen). Die Fassaden waren gekennzeichnet durch über Eck eingefügte Terrakotta-Bänder, umlaufende Geschoßbänder, Fenster- und Türrahmungen, geteilte Fenster und Sockel aus farbigen Sandsteinziegeln. Bei einem Großteil der Häuser sind diese Charakteristika inzwischen verschwunden. Stattdessen sind modisch-farbige Allerweltsfassaden entstanden. Am letzten Haus in der Rieppelstraße und an den dahinterliegenden Bauten kann man die frühere Fassadengestaltung noch „erleben“ (siehe anhängende Bilder).Die Stadtbild-Initiative Nürnberg hat dies nur zufällig mitbekommen. Wir haben dann versucht, mit der Wohnungsgenossenschaft Nürnberg Süd-Ost Kontakt aufzunehmen, um (auch zusammen mit dem Energieexperten in unseren Reihen von Stadtökologie Nürnberg) Alternativen zu diskutieren. Leider haben wir keine Antwort erhalten.

Am morgigen Freitag (03.06.2016) weiht der Bürgerverein Nürnberg-Hasenbuck um 16:30 Uhr das wiederhergestellte Rieppel-Denkmal am Hasenbuck ein. Möglicherweise werden Sie vor Ort sein. Dann sollten Sie die Chance nutzen und einen kleinen Rundgang durch die Rieppelstraße und die dahinterliegende Wohngegend machen, um sich eine eigene Meinung zu den aktuellen Veränderungen zu bilden.

Als Hintergrundinformation fügen wir einige Zeilen zur Entstehungsgeschichte der Wohnbebauung am Hasenbuck und ein paar Bilder zum „bisher“ und „jetzt“ in der Rieppelstraße bei.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

für die Stadtbild-Initiative Nürnberg

Elmar Hönekopp

Dr.-Karl-Theodor-Marx-Haus in der Marienstraße vom Abriss bedroht

Eines der letzten Zeugnisse der alten Marienvorstadt ist akut vom Abbruch bedroht: Ein Investor plant, das Anwesen Marienstraße 15/Flaschenhofstraße 2 für einen Neubau abzureißen. Das 1862 erbaute Gebäude ist eines der letzten und ältesten aus den Anfangsjahren der Marienvorstadt, der ersten Stadterweiterung Nürnbergs nach dem Mittelalter. Als Wohn- und Geschäftshaus des jüdischen Blech- und Spielzeugfabrikanten Ignaz Bing und als Sitz der Nürnberger Nothilfe ist das Haus ein Denkmal Nürnberger Geschichte.

Die Stadtbild-Initiative Nürnberg tritt für den Erhalt des wirtschafts- und sozialgeschichtlich, städtebaulich und architektonisch bedeutenden Gebäudes ein. Lesen Sie nachfolgend die Mitteilung unserer Initiative (verfasst von unserem Mitglied Stadtheimatpflegerin Dr. Claudia Maué), die heute der Presse zugegangen ist:


Kein Abriss des Dr.-Karl-Theodor-Marx-Hauses (Marienstr. 15/Flaschenhofstr. 2)!

Pressemitteilung

Anfang Mai erfuhr die Stadtbild-Initiative Nürnberg, dass das stattliche Gebäude Marienstraße 15 abgerissen und durch ein Wohnhaus mit 38 Einheiten ersetzt werden soll. Da der Besitzer des Grundstücks die gewünschte Wohnungszahl im Bestandsgebäude nicht unterbringen kann, soll das bestens erhaltene Haus dem Abbruch zum Opfer fallen.

Abgesehen von der Ablehnung dieser aus Gründen der Nachhaltigkeit fragwürdigen Praxis, ältere, aber intakte Bausubstanz einem angeblich profitableren Neubau zu opfern, stehen einem Abbruch der Marienstraße 15 und dem mit ihr verbundenen Gebäudekomplex an der Flaschenhofstraße 2 gewichtige Argumente entgegen:

Das Haus Marienstraße 15 ist trotz seiner Veränderungen durch den Wiederaufbau nach der Teilzerstörung im Zweiten Weltkrieg eines der letzten Zeugnisse für die großbürgerlichen Bauten in der „Marienvorstadt“, die als erste planmäßige Nürnberger Stadterweiterung durch den Stadtbaurat Bernhard Solger in die Wege geleitet worden war. Seinem Bebauungsplan zufolge entstand in einem offenen Bausystem ein Wohnviertel mit Vorgärten und Grünflächen, in dem sich an der Nordseite der Marienstraße traufseitige Solitärbauten mit zentralen Zwerchhäusern aneinanderreihten. In diesem Zusammenhang wurde 1862 das Haus Marienstraße 15 vom Maurermeister Georg Gsundbrunn errichtet.

1878 kaufte die Firma Gebrüder Bing, später als Bing-Werke die größte Spielzeugfabrik der Welt, das Haus Marienstr. 15 und das sich nordöstlich bis zur Flaschenhofstraße reichende Areal, um darauf ihre ersten Lager- und Ausstellungsräume zu errichten. Für die 1892 geplante Erneuerung der Lagergebäude beauftragte die Firma den für seine Fabrikbauten bekannten Architekten Georg Richter, der später für die Firma Bing auch das große Fabrikgebäude in der Stephanstraße errichtete – heute Sitz der Firma Diehl.

Ignaz Bing, der Mitbegründer der Firma, wohnte ab 1878 in der Marienstr. 15 und verstarb hier 1918, als Geheimer Kommerzienrat und Träger der Silbernen Bürgermedaille der Stadt Nürnberg hoch geehrt. Als Entdecker der nach ihm benannten „Binghöhle“ bei Streitberg war er auch Ehrenbürger von Streitberg. Ein weiterer Bewohner des Hauses war der Mitbegründer der Hercules-Werke, Ernst Marschütz. Damit beherbergte das Haus zwei bedeutende Vertreter des jüdischen Wirtschaftsbürgertums, die maßgeblichen Anteil am wirtschaftlichen Aufschwung Nürnbergs hatten. Nach Ignaz Bings Tod wohnte dort noch sein Sohn, der Schriftsteller und Literaturkritiker Siegmund Bing, der engen Kontakt zu Jakob Wassermann, dem Prager Kreis mit Werfel, Rilke, Brod und Kisch sowie zu Thomas und Heinrich Mann pflegte.

1928 erwarb die „Nürnberger Nothilfe“ das Doppelanwesen Flaschenhofstraße 2 / Marienstraße 15 und richtete dort Verwaltungsräume, eine Küche und einen Speisesaal ein. Die „Nürnberger Nothilfe“ war im November 1923 gegründet worden, und wurde u.a. von Vertretern des Nürnberger Wirtschaftslebens getragen. Etliche jüdische Unternehmer spielten eine wichtige Rolle als Unterstützer und Funktionäre des Vereins, so der im Holocaust ermordete Mitinhaber des Bankhauses Kohn, Kommerzienrat Dr. Richard Kohn. Wichtigstes Ziel des Vereins war die Linderung der nachkriegsbedingten allgemeinen Hungersnot, die zunächst Geldsammlungen, Vermittlung von Patenschaften für bedürftige Familien oder direkte Einladungen an hungernde Kinder zum Essen in Familien organisierten. Ein weiteres Mittel zur Beschaffung von Geldern waren Warenlotterien, bei denen u.a. als Hauptgewinn ein „Landhaus“ in der neu angelegten „Villenkolonie Weigelshof“ winkte; das noch bestehende Haus in der Danziger Str. 16 wurde 1925 durch den Architekten Karl Griesser erbaut. Die vereinseigene Suppenküche wurde 1928 in der Flaschenhofstr. 2 eingerichtet, in der Folgezeit mehrfach erweitert und um eine hauseigene Metzgerei bereichert.

Im 3. Reich blieb der 1934 gleichgeschaltete Verein Eigentümer des Gebäudes und übernahm zusätzliche Funktionen als provisorische Jugendherberge und als Quartier für französische und russische Kriegsgefangene. Unter dem Diktat der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt versorgte die Nürnberger Nothilfe die Kinderspeisung, das Winterhilfswerk, rund 30 Fabriken im Stadtgebiet und nicht zuletzt die Reichsparteitage.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt das 1950 wieder aufgebaute Haus Marienstr. 15 den Namen „Dr.-Karl-Theodor-Marx-Haus“. Damit wollte man die Bedeutung Marx’ (1892 – 1958) für die Nürnberger Nothilfe manifestieren, die 1946 mit der Ernennung zum Ehrenvorstand des Vereins gewürdigt worden war. Marx hatte die Nürnberger Nothilfe initiiert und 1924-1933 als Kassenwart mitgearbeitet. Über seine wichtige Rolle für die Nürnberger Nothilfe hinaus spielte Marx für die Nürnberger Sozialgeschichte eine wichtige Rolle: Als stellvertretender Wohlfahrtsreferent war er für die Arbeits- und Obdachlosenfürsorge zuständig und engagierte sich ehrenamtlich in der privaten Wohlfahrtspflege (Nürnberger Hilfswerk, Nürnberger Nothilfe, Landesverband für Wandererfürsorge). Der parteilose Marx wurde 1933 aus politischen Gründen entlassen und von den Nationalsozialisten diffamiert. 1945 als Amtsleiter wiederberufen, wurde Marx 1947 zum Gesundheits- und Wohlfahrtsreferenten gewählt. Der von ihm wieder eingeführte soziale Beratungsdienst hatte seinen Sitz in der Marienstr. 15. In seiner zweiten Amtszeit setzte er sich für den Wiederaufbau der Kaiserstallung als Jugendherberge sowie für den Bau von Kliniken und Altenheimen ein.

Neben seiner Nutzung als Sitz des sozialen Beratungsdienstes diente das wieder errichtete Haus Marienstr. 15 als Verwaltungssitz der Nürnberger Nothilfe und als Wohngebäude für Mitglieder des Vereinsvorstands. Später mietete die Nürnberger Stadtverwaltung Büros für die Erziehungs- und Familienberatung des Jugendamtes an, zuletzt hatte die Deutsche Akademie für Fußballkultur hier ihren Sitz.

Für die Erhaltung des Gebäudekomplexes bestehen demnach drei gute Gründe:

1) Architekturgeschichtliche Gründe

Auch in der heutigen, veränderten Gestalt gibt das Gebäude Marienstr. 15 einen Eindruck von der bis auf wenige Reste verschwundene Bebauung der „Marienvorstadt“. Der Komplex Flaschenhofstr. 2 hat weitgehend die Fassadengestaltung von 1892 durch den bedeutenden Architekten Georg Richter bewahrt.

2) Wirtschaftsgeschichtliche Gründe

Als Firmensitz der Bing-Werke, als Wohnhaus des Kommerzienrats Ignaz Bing sowie des Mitinhabers der Hercules-Werke Ernst Marschütz besitzt der Gebäudekomplex eminente Bedeutung für die von jüdischen Unternehmern entscheidend geprägte Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs.

3) Sozialgeschichtliche Gründe

Fast hundert Jahre war das Anwesen Sitz des Vereins Nürnberger Nothilfe, der an dieser Stelle enorme Leistungen für die Wohlfahrtspflege der Stadt erbrachte. Darüber hinaus trägt das Haus Marienstr. 15 den Namen von Karl Theodor Marx und erinnert so an eine der herausragenden Persönlichkeiten der Nürnberger Stadtverwaltung der Nachkriegszeit.

Mit freundlichen Grüßen

für die Stadtbild-Initiative Nürnberg
Elmar Hönekopp

PS: Text und Bilder können mit Quellenangabe verwendet werden.

Für den Erhalt des Gründerzeithauses Werderstraße 25

Das Gründerzeithaus Werderstraße 25 im Stadtteil Rennweg ist in Gefahr. Das Nürnberger Bauunternehmen Schultheiss Wohnbau AG plant, das Gebäude mit seiner schmucken Sandsteinfassade im Nürnberger Stil abzureißen. An seine Stelle soll ein Neubau mit ca. 30 Eigentumswohnungen treten. Die Folge: Die Werderstraße und der Fenitzerplatz, mit deren Altbau-Charme der Bauträger ausgerechnet wirbt, verlören eine ihrer besterhaltenen Fassaden.

Nachdem Stadtheimatpflegerin Dr. Claudia Maué bereits am 3. Februar den Erhalt des 1897 bis 1898 von Baumeister Heinrich Ochs erbauten Hauses angemahnt hatte, schließt sich die Stadtbild-Initiative Nürnberg diesem Aufruf nun mit Nachdruck an.

Heute fand ein neuerlicher Termin mit der Presse vor dem Haus statt, bei dem wir unseren Standpunkt dargelegt haben:

 

Gründerzeithaus Werderstraße 25

Schultheiss Wohnbau plant Abriss und verdichtete Neubebauung

– Pressegespräch am 23. Februar 2016, 11 Uhr –

Fenitzerplatz, Werderstraße, Fenitzerstraße, Adamstraße, Heerwagenstraße: Ein Stadtquartier, geprägt durch vielfältige Architektur v. a. aus der Gründerzeit und dem Jugendstil, durch charmante kleine Läden und Restaurants, durch beruhigte Straßen und Plätze und durch Stadtgrün. Hiermit wirbt die Firma Schultheiss Wohnbau für ihr neues Wohnbauprojekt Werderstraße 23-25. In ihrem neuesten Schultheiss-Magazin ist auch ein sehr beeindruckendes romantisches Bild vom Fenitzer Platz aus auf die Ecke Werderstraße mit dem Gründerzeithaus Werderstraße 25 abgedruckt.

Nur leider genau dieses Haus mit den originalen Fassaden aus den Baujahren 1897/1898 soll nach den Plänen der Fa. Schultheiss verschwinden. Es soll zusammen mit dem Nachbarhaus Nr. 23 abgerissen werden, um zwei neuen Wohnriegeln an der Straße und im Hof Platz zu machen.

Die Stadtbild-Initiative Nürnberg ist der Auffassung, dass das Haus Werderstraße 25 – wenn auch nicht denkmalgeschützt – doch sehr wohl schützenswert ist. Es ist mit seiner harmonisch gegliederten typischen Gründerzeitfassade ein prägender Teil des Fenitzerplatz-Quartiers.

Wir appellieren an einen verantwortungsvollen und kreativen Bauträger, dass er das Ambiente der Umgebung seines Bauobjektes erhält und weiterentwickelt. Wir sehen es als reizvolle und anspruchsvolle Aufgabe für einen Architekten an, Vorschläge für die Kombination von Neubau (Werderstraße 23) und Erhalt eines historischen Altbaus (Werderstraße 25) zu entwerfen.

Wir verweisen auf die letztlich erfolgreichen Bemühungen um den Erhalt der Fassade des Hauses Adamstraße 41, ein paar Schritte um die Ecke herum. Eine einvernehmliche Lösung sollte auch in der Werderstraße zu finden sein.

Die Stadtbild-Initiative Nürnberg appelliert an die Stadt und an das Baureferat, mit dem Bauträger Ideen für die nachbarschaftliche Kombination Erhalt und Neubau gemeinsam zu entwickeln. Am Ende sollte ein Architektenentwurf stehen, der dem Baukunstbeirat der Stadt Nürnberg zur Begutachtung vorgelegt wird.

 

Stadtbild Initiative Nürnberg:

Altstadtfreunde, Prof. Dr. H. Beck, M. Bengl, Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur – J. Martz, Geschichte Für Alle, S. Gulden, E. Hönekopp, S. Kett, M. Krannich-Pöhler, Chr. Kraus, Prof. Dr. B. Kreis, B. Leuthold, Stadtheimatpflegerin Dr. C. Maué, Dr. M. Metzner, B. Sesselmann, St. Schwach, Stadtökologie Nürnberg, J. Thiel.