Blickwinkel auf die Stadtbild-Initiative: Stadtheimatpflegerin Dr. Claudia Maué

„Anstoß zur Gründung der Stadtbild-Initiative Nürnberg war die auch in Nürnberg gängige Praxis, im Zeitalter der Energiewende gründerzeitliche Häuser durch die Dämmung der Fassaden zu entstellen. Am Haus Adamstr. 41 konnte die Außendämmung durch gezielte Beratung von Seiten der städtischen Bauordnungsbehörde gerade noch vermieden werden. Dieses Beispiel zeigt die eminente Bedeutung der rechtzeitigen Aufklärung und Beratung angesichts der vorhandenen Interessenkonflikte zwischen den Zielen der Energieeinsparung und der Erhaltung historischer Gebäude. Hier sind gerade Bauten besonders gefährdet, welche nicht als Einzeldenkmäler oder im Ensemble dem Denkmalschutz unterliegen und für die denkmalrechtliche Kontrollmechanismen nicht greifen. Daher erschien uns Gründungsmitgliedern eine Initiative wichtig, die sich dieser Häuser annimmt. Denn diese Gebäude sind auch ohne Denkmaleigenschaft für das Nürnberger Stadtbild charakteristisch und daher unverzichtbar.

Daher versuchen wir, nicht nur Fassadenveränderungen zu vermeiden, sondern auch den Erhalt derartiger Bauten zu sichern.  Außerdem setzen wir uns für die Erhaltung historisch bedeutsamer Details dieser Gebäude ein, wie alte Firmenschilder und historische Beschriftungen.“

Dr. Claudia Maué, Stadtheimatpflegerin

Blickwinkel auf die Stadtbild-Initiative: Geschichte für alle e. V.

„Seit mehr als 25 Jahren engagiert sich Geschichte für alle e. V. für die Verbreitung historischen Wissens in der Region Nürnberg. Er wendet sich dabei an Einheimische und Gäste und hat es sich zu Aufgabe gemacht, Stadt- und Regionalgeschichte anschaulich und im besten Wortsinn „für alle“ verständlich zu machen. Die Mitarbeiter des Vereins nutzen in erster Linie die historischen Zeugnisse im öffentlichen Raum, um aus ihnen die Gegenwart erklären. Es liegt somit auf der Hand, dass eine derartige Arbeit nur im kulturellen Kontext eines intakten Stadtbildes zu leisten ist.

Neben dem ästhetischen Wert von Architektur, Stadtstruktur und Stadtlandschaft tritt dabei besonders der Erinnerungswert sowohl einzelner Baudenkmäler und Architekturdetails als auch die kulturhistorische Bedeutung ganzer Ensembles und Viertel in den Vordergrund. Dabei muss es sich keinesfalls immer und ausschließlich um ästhetisch reizvolle oder pittoreske Überreste handeln; vielmehr kann und soll der Betrachter – gerade in Nürnberg – auch anhand sperriger und unbequemer Hinterlassenschaften zur mit der Vergangenheit angeregt werden.

Vor diesem Hintergrund unterstützt Geschichte Für Alle e.V. die Ziele der Stadtbildinitiative Nürnberg, die sich für den Erhalt einer lebenswerten und sich ihrer Vergangenheit im Guten wie im Schlechten bewussten Stadtkultur einzusetzen sucht.“

Wolf Hergert, Geschichte für alle e. V.

Blickwinkel auf die Stadtbild-Initiative: Altstadtfreunde Nürnberg e. V.

„Die Altstadtfreunde sind seit vielen Jahren in der Stadtbildpflege tätig. Sie haben sich dabei satzungsgemäß im Wesentlichen auf die Altstadt beschränkt, die voll unter Ensembleschutz steht, für die es aber keine Gestaltungssatzung gibt. Dort zeigte es sich in den letzten beiden Jahrzehnten, dass in zunehmendem Maße Gebäude realisiert oder umgestaltet wurden (Wirtschaftsrathaus, Stadtbibliothek, Sebalder Höfe), die so gut wie keinen Bezug zu ihrer gebauten Umgebung aufweisen.

Viel deutlicher stellt sich das Problem der Erhaltung gewachsener und gewohnter Straßenbilder in den Gründerzeitvierteln wie z. B. um den Fenitzerplatz. Trotz einiger Lücken wird das Quartier durch seine Sandsteinfassaden im Stil der Neorenaissance (bis 1895), des Nürnberger Stils (1895 – 1905) und des Jugendstils (ab 1905) geprägt. Manche von ihnen genießen den Schutz eines Einzeldenkmals, all die anderen sind in ihrem Erscheinungsbild gefährdet, wenn sich die Eigentümer zur energetischen Sanierung entschließen. Aufgrund des fehlenden Ensembleschutzes können auch die städtischen Behörden – wenn sie es denn wollen – das Einpacken der Fassaden nicht verhindern. Ziel der Stadtbildinitiative muss es sein, die Öffentlichkeit auf die Gefahr einer schleichendenVerflachung des Straßenbildes gerade in den Gründerzeitvierteln aufmerksam zu machen. Jede Vereinfachung von Fassaden nimmt den StraßenCharakter und Identität.

Die Stadtbildinitiative wird sich davor hüten, einzelne Hauseigentümer anzuprangern, ohne Alternativen aufzuzeigen. Es muss uns gelingen, das Bewusstsein der Eigentümer für den Wert ihrer historischen Objekte zu schärfen und darzustellen, wie man behutsame Modernisierung mit dem Erhalt gewachsener Strukturen verbinden kann. Da es nicht sinnvoll ist, die ganze Stadt unter Ensembleschutz zu stellen, muss es langfristig in Kooperation mit den städtischen Behörden und dem Baukunstbeirat gelingen, eine „Stadtbildkultur“ für die ungeschützten Bereiche zu schaffen.“

Karl-Heinz Enderle, Altstadtfreunde Nürnberg e. V.