Der Verein Geschichte für alle e. V., Kooperationspartner unserer Initiative, hat auf Betreiben der Stadtbild-Initiative Nürnberg und im Auftrag der WBG eine Dokumentation zur abgebrochenen Siedlung Schillingstraße herausgegeben. Wer mehr über eine der frühesten sozialen Wohnungsbauprojekte in Nürnberg erfahren möchte, kann das mit historischem und aktuellem Bildmaterial reich ausgestattete Werk von Magdalena Prechsl und Bernd Windsheimer hier herunterladen.
Vernichtete Denkmale
Dr.-Karl-Theodor-Marx-Haus: Der Abbruch hat begonnen
Das Wohnungsbauunternehmen WIN ist dabei, an der Flaschenhof- und der Marienstraße Tatsachen zu schaffen, obwohl für die Neubebauung noch keinerlei Pläne veröffentlicht wurden. Wieder einmal wird in Nürnberg mit dem Dr.-Karl-Theodor-Marx-Haus ein wertvolles historisches Zeugnis der Stadt- und Architekturgeschichte geopfert.
Wohnungen werden fraglos gebraucht. Doch wer möchte in einem Umfeld leben, dass all seinen Reiz und seine historische Identität verloren hat? Pragmatiker werden einwenden, es gäbe dringendere Probleme. Und werden anschließend ins sonnige Italien oder nach Frankreich fahren und ihren Lieben Ansichtskarten pittoresker Altstädte schicken, während daheim die Bagger Altbau um Altbau niederreißen – verkehrte Welt.
Abschied von der Siedlung Schillingstraße VII
Das Zerstörungswerk geht der Vollendung entgegen: Die letzte Zeile an der Schillingstraße wird nun abgerissen, der Bagger beginnt mit dem Eckhaus zur Sperberstraße, welches erst von einigen Jahren energetisch saniert wurde. Wenn in wenigen Tagen die Siedlung verschwunden sein wird, ist zugleich eine der ältesten wbg-Siedlungen in Nürnberg vernichtet. Das, was nachkommt, wird als Wettbewerbsgewinner bereits mit Vorschusslorbeeren bedacht, aber ob es auch diesen identitätsstiftenden Charakter mitbringen wird, bleibt abzuwarten. Fotos: © Boris Leuthold.
Abschied von der Siedlung Schillingstraße VI
Das Werk nimmt seinen Lauf, die Gebäude an der Pillenreuther Straße sind fast verschwunden – und damit auch eine der markantesten Landmarken in Hummelstein. Im Uhrzeigersinn geht der Abriss durch den gesamten Block. Jetzt folgt die Sperberstraße. Fotos: © Boris Leuthold, 6. Februar 2017
Abschied von der Siedlung Schillingstraße V
Nun reißt der Bagger die Hausreihe an der Pillenreuther Straße nieder. Die alten Wohnhäuser offenbaren ihre bauliche Qualitäten aus Backsteinwänden und Betondecken und lassen Zweifel daran zu, ob so etwas tatsächlich marode und unsanierbar sein kann.
Abschied von der Siedlung Schillingstraße IV
Wie verwunschen liegen die Trümmer des abgerissenen Blocks unter dem ersten Schnee des Winters begraben. Das weiße Leichentuch hat sich auch über den Hof und die übrigen, jetzt unbewohnten Häuser gelegt. Der Abriss erfolgt langsam und ohne viel Eile. Das liefert genug schmerzvolle Fotomotive (Fotos: © Boris Leuthold).
Abschied von der Siedlung Schillingstraße III
Wie ein Fanal liegt die Türbekrönung der Hausnummer 58 in der Galvanistraße auf dem Schutthaufen. Die Tür führt ins Nichts. Das Abrisswerk geht seinen Gang (Fotos: © Boris, Leuthold, 2016).
Abschied von der Siedlung Schillingstraße II
Das Zerstörungswerk an der Schillingstraße geht auch am 8. Dezember weiter. Mittlerweile ist das Haus Schillingstraße 1 vernichtet, die Galvanistraße 58 wird derzeit ausgeschlachtet. Die historischen Türen und die Denkmalfenster, die man erst vor wenigen Jahren eingesetzt hat, sind zum Teil noch an den Häusern (Fotos: © Boris Leuthold).
Abschied von der Siedlung Schillingstraße I
Wir haben uns intensiv und mit guten Argumenten beim Oberbürgermeister, bei den Stadtratsfraktionen und bei der wbg für den Erhalt des Ensembles Sperber-, Schilling-, Galvani- und Pillenreuther Straße eingesetzt – leider vergeblich. Nun rücken die Bagger an und vernichten ein „nicht-erhaltenswertes“, doch sehr denkmalwürdiges Ensemble. Wieder verschwindet ein Stück gewachsenes Nürnberg. Ist das Nachhaltigkeit? Verträgt sich das mit der Ambition, Europäische Kulturhauptstadt zu werden? Wir werden mit einer Fotosequenz von unserem Mitglied Boris Leuthold Abschied nehmen.
Freitag, 2.12.16: Noch stehen die Häuser, die Gärten sind schon abgeräumt…
Die historische Marienvorstadt verschwindet
„Ein Denkmal der sozialen Arbeit in Nürnberg“ – so hatte Dr. Karl Theodor Marx das Haus Marienstraße 15 bei der Wiedereinweihung nach dem Krieg im Jahr 1950 bezeichnet. Im Gegensatz zu Dr. Marx, den Mitgliedern der Stadtbild-Initiative Nürnberg und vielen Nürnbergerinnen und Nürnbergern wollen das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege und der Petitionsausschuss des Bayerischen Landtages den Denkmalwert des Hauses nicht erkennen. Damit nicht genug: Auch das benachbarte Anwesen Marienstraße 23 soll bald abgebrochen werden.
Der Abbruch der beiden Bauwerke, zwei der letzten erhaltenen Gebäude der alten Marienvorstadt, ist beschlossene Sache. An dieser Stelle erlauben wir uns die Frage, wie viel vom historischen Nürnberg nach den schrecklichen Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs noch vernichtet wird, bis endlich ein Umdenken in der Politik einsetzt.
Lesen Sie anbei unsere Mitteilung, die wir heute an die lokale Presse übersendet haben:
Pressemitteilung zum geplanten Abbruch des Dr.-Karl-Theodor-Marx-Hauses