Im Oktober letzten Jahres hatte die Nachricht über den drohenden Abbruch des Bauernhauses Großreuther Str. 77 im Stadtnorden erhebliches Aufsehen erregt. Das mächtige Wohnstallhaus vom Typ des fränkischen „Breithauses“ mit tief herabgezogenem, dreigeschossigem Satteldach war vielen Spaziergängern und Radlern ein Begriff, weil es dem von der Rollnerstraße Kommenden so eindrucksvoll ins Auge fiel und das Entree zum Stadtteil Großreuth hinter der Veste betonte. Das mächtige, ursprünglich aus dem frühen 18. Jahrhundert stammende Wohnstallhaus wurde im Zweiten Weltkrieg bis auf die Außenmauern zerstört, aber schon 1946 durch den Architekten Hanns Sebald in der alten Form wieder aufgebaut. Die rückwärtige Scheune stammt ebenfalls aus der Nachkriegszeit; das Nebengebäude wurde zur Garage umgebaut, trägt aber am Giebel eine Kartusche mit der Jahreszahl 1851.
Nach einer Überprüfung der Hofanlage durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege wurde das Wohnstallhaus mit dem Nebengebäude und der Einfriedungsmauer als Einzeldenkmal (Nr. D-5-64-000-4795) in die Bayerische Denkmalliste eingetragen. Dabei war vor allem die geschichtliche Bedeutung der Hofanlage entscheidend: Der Hof wurde vermutlich 1719 durch die in diesem Jahr nach Großreuth zugezogene Familie Schaller errichtet, die einer Auflistung aus dem Jahr 1929 zu den zehn am längsten im Dorf ansässigen Familien gehörte. Dem Hof wurde im Dezember 1945 bescheinigt, dass er als einer der größten Gemüsebaubetriebe im Knoblauchsland für die Versorgung des Nürnberger Stadtgebietes von außerordentlicher Wichtigkeit war.
Außerdem war die architekturhistorische Bedeutung des Hofs ein gewichtiges Argument für seine Bewertung als Einzeldenkmal. Als eingeschossiges Wohnstallhaus mit dreizoniger Binnengliederung und mächtigem Satteldach ist es ein ungewöhnlich anschauliches Beispiel für das frühneuzeitliche „Breithaus“, das besonders in großen Gehöften anzutreffen ist. Auch der Wiederaufbau von 1946 ist bemerkenswert durch sein Festhalten an der überkommenen, offensichtlich weiterhin als funktional empfundenen Raumteilung des 18. Jahrhunderts im Erdgeschoss und aufgrund der bewussten Wiederherstellung des barocken äußeren Erscheinungsbildes durch die Aufrichtung des neuen Dachstuhl in historisierender Form. Dadurch zeigt das Gebäude in ungewöhnlich deutlicher Weise das Fortleben ländlicher Bautradition über das Ende des Zweiten Weltkrieges hinaus. „Das Wohnstallhaus ist in seinem weitgehend authentischen Erhaltungszustand von um 1946 sehr selten gewordenes bauliches Beispiel für das bayernweit zu beobachtende Phänomen, dass der Einbruch der Moderne auf dem Land erst in den 1960er Jahren einsetzte. Die im ausgebauten Dachgeschoss überlieferte Ausstattung von 1946 in Form von schlicht kassettierten Zimmertüren und schmalen Dielenholzböden dokumentiert darüber hinaus die allgemeine Mangellage der unmittelbaren Nachkriegsjahre.“
Zudem hat die Hofanlage eine eminent wichtige städtebauliche Bedeutung: Sie bildet zusammen mit der gegenüberliegenden, 1745 errichteten Hofanlage Großreuther Straße 84 das Eingangstor zu der den Ortsteil bestimmenden Großreuther Hauptstraße. Die bis heute unveränderte Dorfeingangssituation wurde auch im Jahre 1946 als Hauptargument für den Wiederaufbau des Hofes „ als ein Eckpfeiler … zur Erhaltung des Landschaftsbildes“ ins Feld geführt.