Stellungnahme der Stadtbild-Initiative zum Ergebnis des Wettbewerbs Hauptpost

Die Stadtbild-Initiative Nürnberg stand und steht dem drohenden Abriss des Kopfbaus der Hauptpost am Bahnhofsplatz kritisch gegenüber.

Das nun vorliegende Wettbewerbsergebnis scheint keinen würdigen Ersatz des historisch bedeutenden und das Stadtbild prägenden Kopfbaus hervorzubringen.

Die prämierten Entwürfe gehen dafür zu wenig auf die Umgebung und die Bedeutung des Ortes ein, sie wirken stattdessen wie internationale Standardkost. Die zu erwartende Wirkung auf das Stadtbild wird als wenig befriedigend beurteilt, da sich auf diese Weise die gleichförmige Gestaltung der Hotelneubauten aus den letzten Jahren entlang der Bahnhofstraße bis zum Hauptbahnhof hin fortsetzt. Der kraftvoll gegliederte denkmalgeschützte Rundbau wird nicht organisch an einen Neubau angebunden, sondern in eine Front aus Rasterfassaden verpflanzt. Das Potenzial, das der scheinbar nicht abzuwendende Abriss des Kopfbaus bieten könnte, muss als weitgehend ungenutzt vergeben angesehen werden. Der drohende Verlust dieses markanten Baus, der auch die wechselvolle Geschichte unserer Stadt in 20. Jahrhundert exemplarisch vor Augen führt, wirkt dadurch noch schmerzvoller.

Grundsätzlich ist nicht erkennbar, nach welchen Kriterien die Wettbewerbsbeiträge beurteilt wurden: Nutzbarkeit für den Investor, architektonische Gestaltung, Wirkung auf Stadtbild und Bahnhofsplatz und Zusammenhang mit den umgebenden historischen Gebäuden. Dies sollte in der Begründung offengelegt werden. Das gleiche gilt dann auch für die weitere Bearbeitung der Entwürfe.

Wir hoffen und erwarten, dass die weitere Bearbeitung der Entwürfe zu deutlichen Verbesserungen führt.

Wir regen außerdem an, die Wettbewerbsergebnisse nicht nur wenige Tage, sondern deutlich länger der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

 

Stadtbild-Initiative Nürnberg:

Prof. Dr. Hartmut Beck, Michael Bengl, Karl-Heinz Enderle (Altstadtfreunde Nürnberg e. V.), Heike Hein, Wolf Hergert (Geschichte für Alle e. V.), Elmar Hönekopp, Siegfried Kett, Christina Kraus, Boris Leuthold, Jochen Martz (Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur), Dr. Michael Metzner, Stefan Schwach, Thomas Späth (Stiftung Stadtökologie), Joachim Thiel

Aktuelle Medienberichte zum Wettbewerb Hauptpost

Die Lokalmedien berichteten in den letzten Tagen über die Ergebnisse der Architekturwettbewerbs zur Hauptpost. Die endgültige Entscheidung, welches Projekt wie und von wem umgesetzt wird, steht jedoch noch aus. Die Stadtbild-Initiative Nürnberg ist gespannt auf die Reaktionen der Bürgerinnen und Bürger:

André Fischer: Der Sieger, der noch nicht gewonnen hat. In: Nürnberger Zeitung, 21. Juli 2015 (online seit 23. Juli).

Daniel Bendl: Architektur-Wettbewerb zu Ende. So stellt man sich die Neubebauung vor. Auf: Nürnberg und so, 23. Juli 2015.

Claudine Stauber: Jetzt steht fest, wie Nürnbergs Bahnhofsplatz aussehen wird. In: Nürnberger Nachrichten, 7. Februar 2016.

Wettbewerb für die Hauptpost beendet

Die Sieger des Architekturwettbewerbs um die Neubebauung des Hauptpost-Areals am Bahnhofsplatz sind bekannt (Quelle: Nürnberger Zeitung, 22. Juli 2015, Printausgabe). Die Jury kürte die Entwürfe des Berliner Architekten Max Dudler sowie Auer & Weber aus München zu gleichberechtigten Gewinnern. Auf die Plätze 3 bis 4 schafften es die Entwürfe von Knerer & Lang sowie Bär Stadelmann Stöcker aus Nürnberg. Ein 2. Platz wurde nicht vergeben. Auch Mitglieder der Stadtbild-Initiative Nürnberg waren beratend an dem Verfahren beteiligt.

Alle prämierten Entwürfe sehen einen Neubau an Stelle des Kopfbaus aus den 1930er Jahren vor. Die Stadtbild-Initiative steht dem Abbruch des stadtbildprägenden Bauwerks nach wie vor kritisch gegenüber. Die zentralen Forderungen der Stadtbild-Initiative, Wert auf Einklang mit den historischen Nachbargebäuden zu legen, eine Maximalhöhe von rund 40 Metern einzuhalten und sich gestalterisch vom Einerlei der Hotelneubauten etwa an der Bahnhofstraße abzusetzen, sind aber zumindest teilweise berücksichtigt worden.

Wer die Siegerentwürfe selbst in Augenschein nehmen möchte, kann sie vom 22. Juli bis 29. Juli 2015 in der ehemaligen Hauptpost am Bahnhofsplatz besichtigen. Die Ausstellung ist wochentags von 10 bis 18 Uhr und am Wochenende von 10 bis 16 Uhr geöffnet.

3D-Visualisierungen zu den eingereichten Entwürfe finden Sie im Deutschen Architekturforum. Die Entwürfe 1001 und 1003 teilen sich den 1. Platz, die Projekte 1008 und 1011 erhielten den 3. bzw. 4. Preis.

Online-Petition „Rettet die Hauptpost!“ beendet

Die Stadtbild-Initiative Nürnberg zieht ihre Online-Petition zum Erhalt des Hauptpost-Kopfbaus zurück.

Aktuell (15. April 2015) haben 989 Personen (davon 453 aus Nürnberg) unsere Petition unterschrieben. Es besteht somit keine Chance mehr, die angestrebte Unterschriftenanzahl von 4.200 zu erzielen. Einige Ziele der Petition haben wir jedoch erreicht:

  • Wir haben eine öffentliche Diskussion über den Erhalt des Kopfbaus bewirkt.
  • Wie von uns gefordert, wurde der Erhalt des Kopfbaus als Alternative explizit in den Auslobungstext des Wettbewerbs aufgenommen (vielleicht greifen teilnehmende Planungsbüros die Idee eines Erhalts des Kopfbaus in ihren Entwürfen auf).
  • Ferner hat die Stadt klargestellt, dass für einen Neubau maximal die Höhe des ERGO-Gebäudes akzeptiert wird.

An dieser Stelle danken wir herzlich unseren Unterstützerinnen und Unterstützer für Ihren Beitrag und die vielen positiven Kommentare, die auf der Online-Petitionsseite und auf Facebook eingegangen sind! Die Stadtbild-Initiative setzt sich auch weiterhin für den Erhalt des Kopfbaus der Hauptpost ein.

Aussagen des Baureferenten zum Wettbewerb Hauptpost

Baureferent Daniel Ulrich stellt in einem Schreiben an die Stadtbild-Initiative vom 17. März 2015 die Position der Stadt Nürnberg zur möglichen Höhe eines Neubaus an Stelle des Kopfbaus der Hauptpost klar und äußert sich zum Inhalt des Wettbewerb-Auslobungstextes betreffend eines möglichen Erhalts.

  1. Ein Hochhaus mit bis zu 15 Geschossen (vgl. Plärrerhochhaus) sei nicht mit der Stadt abgesprochen. „Richtig ist, dass in einem Wettbewerb, dessen Auslobung mit der Stadt Nürnberg abgestimmt wurde, eine maximale Höhe von etwa 40 m für die Traufe eines denkbaren Neubaus angesetzt wurde. Diese Höhe ergibt sich aus den Regelungen des § 34 BauGB, sie ist die Höhe des Ergo-Gebäudes auf der anderen Seite des Bahnhofsplatzes. Eine wie von Ihnen angedeutete Absprache zu mehr Höhe gibt es nicht, eine größere Höhe wäre städtebaulich auch nicht vertretbar.“
  2. Zum Erhalt des Kopfbaus als formulierte Alternative im Auslobungstext für den Wettbewerb: „Weiterhin ist im Wettbewerb bewusst offen gelassen, ob es nicht gelingen kann, das bestehende Bauwerk oder Teile davon zu erhalten.“

Dazu entgegnen wir:
Wir weisen darauf hin, dass unser zentrales Anliegen, das wir auch mit der Online-Petition verfolgen, der Erhalt des Kopfbaus ist, und nicht die Höhe und Gestaltung eines eventuellen Nachfolgebaus.
Zu Punkt 2 bezweifeln wir, ob ein „bewusstes Offenlassen“ für die Architekturbüros, die am Wettbewerb teilnehmen, ein klarer Hinweis darauf sein kann, dass auch ein Erhalt des Kopfbaus als Entwurfsalternative begrüßt würde. Die öffentlich hierzu vom Investor gemachten Äußerungen sind doch zu eindeutig (vgl. diverse Aussagen in der Presse). Außerdem hängt dies sehr stark von der konkreten Formulierung des Auslobungstextes ab. Dieser ist uns bisher nicht bekannt.

Online-Petition „Rettet die Hauptpost! Für den Erhalt eines Nürnberger Wahrzeichens!“ gestartet

Die Stadtbild-Initiative Nürnberg hate eine Online-Petition gestartet, in der der Erhalt des stadtbildprägenden Kopfbaus der Hauptpost gefordert wird. Bitte unterstützen Sie uns und geben Sie uns Ihre Stimme! Das dauert nur eine Minute und ist auch anonym möglich: https://www.openpetition.de/petition/online/rettet-die-hauptpost-fur-den-erhalt-eines-nurnberger-wahrzeichens

Seltene Einblicke in die Hauptpost

Der Investor Haupt Immobilien lud am 18. Februar 2015 Pressevertreter und Mitglieder der Stadtbild-Initiative Nürnberg zum Ortstermin in die Gebäude der ehemaligen Hauptpost. Hier das Echo in der Presse:

Machen Sie mit unserem Fotografen Boris Leuthold selbst einen Rundgang durch die historischen Gebäude, die die meisten Nürnbergerinnen und Nürnberger sonst von innen nicht zu Gesicht bekommen:

Rundbau

Zwischenbau

Kopfbau

Kopfbau der Hauptpost – stadtbildprägend seit 82 Jahren

Ob Sie den Frauentorgraben entlangfahren, vom Hauptbahnhof ins Freie treten oder durch das Königstor kommen, am Bahnhofplatz auf die Straßenbahn warten oder einen Brief einwerfen – Sie haben ihn im Blick, den Kopfbau der alten Nürnberger Hauptpost. Zusammen mit Hauptbahnhof, Grandhotel und Frauentorturm prägt er das Gesicht unserer Stadt an einem ihrer wichtigsten und am häufigsten frequentierten Plätze.

Der Kopfbau der alten Hauptpost gehört zum Stadtbild Nürnbergs. Muss er ersetzt werden?

Hauptpost – Geschichte und Architektur im Überblick

Baugeschichte

  • Vorgängerbebauung: historistischer Vorgängerbau
  • Planung: Bauabteilung der Reichspost – Johann Kohl (Leitung), mit Friedrich Deyerl, Wilhelm Erhard und Walter Kreb, 1931:
    • neungeschossiger Stahlskelettbau mit Vorhangfassade (Gestaltung bis 1933 nicht abschließend beschlossen) und gläsernem Aufzugsschacht; kubische Gesamtform, Fassade in großen Fensterflächen geöffnet, Flachdach
    • Gestaltung im Sinne der Neuen Sachlichkeit, konkreter: in der Tradition der bayerischen „Postbauschule“ (Robert Vorhoelzer u.a.)
    • Entwurf von Kohl et al. im Stadtrat umstritten, jedoch z. B. bei Baureferent Walter Brugmann zunächst und Gutachter Paul Bonatz hochgelobt (u.a. wegen städtebaulicher Bedeutung und Leichtigkeit der Konstruktion als Kontrapunkt zur sandsteinsichtigen Stadtbefestigung)
  • Wettbewerb (im Preisgericht u.a. Ludwig Paul Troost ) zur Fassadengestaltung 1933 auf Drängen von Gauleiter Julius Streicher,  1. Preis an Max Kälberer, ausgeführt mit Genehmigung Streichers im Sinne der „Neuen Deutschen Baukunst“ als Teil der Kampagne der „Abrechnung mit dem ‚Neuen Bauen’“ (Christian Koch, vgl. auch Abbruch des Planetariums am Rathenauplatz):
    • Verkleidung mit Natursandsteinplatten (bereits 1930 im Stadtrat vorgeschlagen); Anmutung eines Massivbaus (statt transparenter, die Grundstruktur zu erkennen gebender Bau im Sinne der Neuen Sachlichkeit)
    • Umarbeitung der Erdgeschossfenster zu Arkaden
    • Walmdach (statt 1933 bereits aufgerichtetem Dachgeschoss und Flachdach
    • Änderung der Fensterteilung (Kreuzteilung statt Vertikalteilung
    • eckseitige Konsole mit Reichsadler und Wappensteine unter der Traufe
  • Bauzeit: 1931-1935 (Fassade: 1934 zum Reichsparteitag vollendet)
  • im 2. Weltkrieg bei Bombenvolltreffer Dach durchschlagen, Inneres ausgebrannt
  • Wiederaufbau:
    • Entfernung der ideologisch belasteten Reliefs und der Adlerfigur
    • Am Außenbau Mischung von Gestaltungselementen des Vorkriegszustands (Kälberer) und des Ursprungsplans (Kohl et al.), u.a. Fensterteilung
  • in den 2000ern Antrag auf Aufnahme in die bayerische Denkmalliste abgelehnt.

Würdigung

Städtebaulich

  • städtebauliche Dominante, Torsituation zur östlichen Bahnhofstraße
  • turmartiges „Punkthochhaus“ („Hochhaus“ nach Maßstäben der Erbauungszeit; ehem. korrespondierend mit Hotel Württemberger Hof, jetzt Diehl-Hochhaus und Königstorturm gegenüber, vgl. auch Karl-Bröger-Haus) – wurde zur Bauzeit von Kritikern als Konkurrenz zum Königstorturm wahrgenommen
  • Abtrennung/Einfriedung des Bahnhofsplatzes
  • Sandsteinverkleidung: materielle Bezugnahme auf Umgebungsbebauung (Hbf., Stadtmauer und Königstor, Grand Hotel und American Hotel, ehem. Verbindungsbau zum Rundbau)
  • Arkatur im Erdgeschoss; teiltransparente Öffnung zum Platz-/Straßenraum, Übergang zwischen innen nach außen
  • bildet bzw. bildete mit Nachbargebäuden (Rundbau, Halle, Zwischentrakt, Bahnhof) ein städtebauliches (ehem. auch funktionales) Ensemble

(Architektur-)Historisch

  • stadtbildprägendes Bauwerk der NS-Architektur
  • Nürnberger Erinnerungsort
  • Zeugnis der Stadtgestaltung zwischen Weimarer Republik, NS-Zeit und Wiederaufbau und dem schwierigen Manövrieren der Nachkriegsära zwischen Anknüpfen an Erbe der NS-Architektur und Rückbesinnung auf das Bauhaus

Zu den Architekten:

Johann Kohl (1874-1941)

  • 1920-1939: Oberpostbaurat, Leiter der Oberpostdirektion
  • Werke u.a.: Postscheckamt Laufertorgraben, 1923-1925; Poststadt, Allersberger Straße, 1927-1930 (Baudenkmal)

Max Kälberer (1892-nach 1959)

  • zeitweise in Sozietät mit Carl Brendel (Pionier des Stahlbetonbaus, u. a. Entwerfer der alten Kath.-Apostolischen Kirche in Wöhrd)
  • Werke: Auferstehungskirche, Fischbach, 1932-1933 (mit Brendel); Lutherkirche, Hasenbuck, 1935; Markuskirche, Gibitzenhof, 1954

Quellen & Literatur

  • Stadtarchiv Nürnberg (StadtAN), C 20/V Nr. 14899, 14900.
  • Bernd Windsheimer/Alexander Schmidt/Martin Schieber: Architektur Nürnberg. Bd. 1: Vom Mittelalter bis zum Wiederaufbau. 2. Aufl. Nürnberg 2007. S. 86-87.
  • Alexander Schmidt: Kultur in Nürnberg 1918-1933. Die Weimarer Moderne in der Provinz. Diss. Erlangen 2004. Nürnberg 2005. S. 247-249.
  • Helmut Weihsmann: Bauen unterm Hakenkreuz. Architektur des Untergangs. Wien 1998. S. 705.
  • Bauen in Nürnberg 1933-1945. Architektur und Bauformen im Nationalsozialismus. Hrsg. von Helmut Beer/Thomas Heyden/Christian Koch u.a. Ausst. Nürnberg 1995 (Ausstellungskataloge des Stadtarchivs Nürnberg, 10). S. 17-18, 35-37.